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Zu diesem Heft (S. 3-4)
Diskussion
Hermann Dühringer
»Auch eine Geschichte der Philosophie« 5 (S. 5-16)
György Széll
Was ist ein nichtverfehltes Leben? Zu Jürgen Habermas’
Auch eine Geschichte der Philosophie (S. 17-39)
Am Ende seines Opus Magnum »Auch eine Geschichte der Philosophie« erklärt der 90jährige Jürgen Habermas nach fast 2000 Seiten, dass er die von ihm vorgelegte Geschichte zum Verhältnis von Glauben und Wissen einem ihm rätselhaften Satz Adornos ›verdankt‹: »Nichts an theologischen Gehalt wird unverwandelt fortbestehen; ein jeglicher wird der Probe sich stellen müssen, ins Säkulare, Profane einzuwandern« (Vernunft und Offenbarung). Die Beiträge von Hermann Duringer und György Széll ersetzen zwar nicht die Lektüre des Werkes, erlauben aber in jeweils eigener, herausfordernder und kontrastiver Akzentsetzung erste wie weitergehende Einsichten in Ideen und deren Geschichtsschreibung, Zusammenhänge von Theologie und Philosophie, Religion und Säkularismus. Deutlich werden zudem Positionierungen von Habermas sowie eine historisch-systematische Verortung seiner von der Achsenzeit bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts reichenden Darstellung.
Rezensionsaufsätze
Michael Winkler
Vernunft der Freiheit – Freiheit der Vernunft (S. 40-45)
Auch als wesentlichen Beitrag zur Debatte um die Grundlegung von Philosophie und die Diskussion des Verhältnisses von Glauben und Wissen lässt sich das Werk von G. W. F. Hegel lesen. Michael Winkler stellt die neueste Biografie Hegels von Klaus Vieweg vor, die dieser aus Anlass von dessen 250. Geburtstage vorgelegt hat. Kenntnisreich und detailliert wird nicht nur das Leben des Denkers vorgestellt, sondern diese Biographie bietet auch ausführliche und tiefe Analysen seiner Werke an, so dass das Buch als eine gelehrte Einführung gelesen werden kann. Vieweg zeigt dabei auf, dass Hegel als ein radikaler Verfechter eines modernen Freiheitsbegriffs gelesen werden muss, der zugleich den Staat dazu verpflichtet, die Bedingungen der Freiheit zu sichern, auch durch umfassende Maßnahmen, die dem Wohl aller dienen.
Micha Brumlik
Psychoanalyse eines »Gesamtkunstwerks«: Hanna Gekles monumentale Biographie Ernst Blochs (S. 46-48)
Mit Biografie und Werk eines weiteren Philosophen, für den Hegel einen wesentlichen Bezugspunkt darstellt, ist der nächste Text von Micha Brumlik befasst. Die Psychoanalytikerin Hanna Gekle, die die letzte Assisstentin von Ernst Bloch war, hat eine Biographie dieses Philosophen der ›Utopien‹ und der Utopiegeschichte verfasst. Sie zeigt und entschlüsselt, wie Ernst Bloch aus den Nöten seiner eigenen Existenz eine ganze Philosophie entwickelt hat. Dabei leitet sie die Idee (oder Erkenntnis), dass Bloch, seinem Selbstverständnis nach Marxist – und damit Materialist –, in Wirklichkeit ein ›homo religiosus‹ war. Wichtig für eine neue Sicht auf Bloch kann zudem werden, was seine Biographin über seine Lebensweise und seine politische Vorliebe für Stalin – von ihr als Verkörperung seines Ich-Ideals interpretiert – schreibt. Festzuhalten ist aber auch, dass Bloch eben nicht in die Sowjetunion ins Exil ging, sondern in die USA floh.
György Széll
Krisen des Kapitalismus (S. 49-52)
Dem Thema Kapitalismus und Krisen widmet sich György Széll anhand einer Studie, die sich mit dessen krisenhafter Geschichte, deren Gründen wie Folgen im Kontext vier globaler Krisen zwischen 1870 und dem Ende des 20. Jahrhunderts befasst. Wesentlich ist dabei die hier kritisch diskutierte Frage, welche der Krisen zu grundlegenden gesellschaftlichen und ökonomischen Transformationen geführt hat. Eingebettet werden in diese Thematik unter anderem Problemstellungen, die mit der Stärke von Imperialismen, der Bedeutung des ersten Weltkrieges sowie der Entstehung der Sowjetunion zu tun haben.
Berno Hoffmann
Bildung? (S. 53-59)
Berno Hoffmann diskutiert in seinem Beitrag Grundlegung und Ertrag eines Bandes der sich unter dem Titel »Bildungstheorien zur Einführung« mit der von vielen als zentral betrachteten Grundkategorie von Erziehungswissenschaft und Pädagogik, »Bildung«, auseinandersetzt. Sympathisch findet er den Versuch, die vorliegende Ausführung erklärt er allerdings für gescheitert – dies als Ergebnis misslungener Bezugnahmen und fehlender bzw. fehlerhafter Grundlegung und Perspektiven.
Timm Kunstreich
»Lernen vom Erfolg« – ist das im »standardisierten Modus« möglich? (S. 60-65)
Timm Kunstreich verknüpft kunstvoll in seinem Text entscheidende Leitmotive und Argumentationsfiguren des Buches eines anderen 90jährigen, Jona Rosenfeld, der viele Jahre nach seiner Vertreibung aus Nazideutschland in Israel an der Hebrew University/Jerusalem Professor für Soziale Arbeit wurde – beschrieben als »Learning from Success« – mit Analysen zur Bearbeitung von Kindeswohlgefährdung und Strategien der Erarbeitung von Kindeswohl. Im Zentrum geht es um die Frage, ob und wie sich in der Praxis ein reflektiertes und reflektierendes Vorgehen gegen vorherrschende Ansätze von Standardisierung (und Mechanisierung) durchhalten lässt.
Désirée Beaumont
Zur Genese rekonstruktiver Forschungsansätze aus erster Hand: Ulrich Oevermann und Fritz Schütze erzählen (S. 66-71)
Mit Lebenswerk und Selbstverständnis zweier Soziologen, Ulrich Oevermann und Fritz Schütze, deren forschungsmethodische Ansätze der objektiven Hermeneutik bzw. der soziolinguistisch basierten Analyse sozialer Prozesse als Verkörperung einer je bedeutenden Gestalt konstruktiver Sozialforschung für Sozialwissenschaften insgesamt zu verstehen sind, macht uns der Beitrag von Desiree Beaumont vertraut; dies anhand ihrer Vorstellung eines Bandes, der facettenreiche Gespräche zu den jeweiligen Entstehungsgeschichten und Gestaltungen enthält.
Sammelbesprechung
Wilma Ruth Albrecht
Finanzoligarchie. Aktuelle Neuerscheinungen (S. 72-79)
Als auch wesentlicher Beitrag zum Thema »Kapitalismus und Krisen« kann die Darstellung von Wilma Ruth Albrecht zum Thema »Finanzoligarchie« gelesen werden. Die Heterogenität der Buchtitel vermittelt sich dabei eindrucksvoll mit der These der tendenziellen Einheitlichkeit des ersten Gegenstandes, dem Bankensystem. Ausgehend von der Entstehung des Finanzmarkt-Kapitalismus, entstanden nach dem Zweiten Weltkrieg und Ausdruck des Einflusses von Banken und Versicherungen, entwickelte sich immer weiter, gebündelt im Begriff der Reagonomics, die oligarchische Herrschaft von Investmentfonds, die den zweiten Gegenstand der Analyse bilden. Insgesamt gesehen geht es darum, dass der Antrieb der kapitalistischen Wirtschaft die Spekulation auf Profit (zunächst in der Realwirtschaft und dann in der Finanzwirtschaft) ist und dass diese Spekulation ein nie endendes Wachstum erfordert. Gefordert ist damit staatliches Handeln, das wirtschaftliche Macht begrenzt.
Forschungsbericht
Manfred Liebel
Kinder und Kindheiten in einer globalisierten Welt der Ungleichheit (S. 80-94)
Manfred Liebel stellt in einem weitgreifenden und grundlegenden Ansatz Forschungsergebnisse aus vier englischsprachigen Sammelbänden vor, die sich mit Blick auf Südeuropa und ehemalige Kolonialgebiete außerhalb Europas der Frage widmen, in welcher Weise sich die Ungleichheiten der postkolonialen Weltordnung auf das Leben von Kindern auswirken und welche Interdependenzen sich zwischen dem Globalen und Lokalen ergeben. Einen Schwerpunkt bildet die Analyse internationaler humanitärer Interventionen und des Kinderschutzes im Rahmen von Entwicklungspolitik. Von besonderem Interesse ist dabei, welche Herausforderungen sich für die Kinderrechtspraxis, namentlich den Schutz und die Partizipation der Kinder ergeben. In allen Bänden wird der Versuch unternommen, die Lebenssituation der Kinder aus deren eigenen Perspektiven zu beleuchten und die Handlungsoptionen von Kindern zu erkennen und zu betonen. Die Darstellung und kritische Würdigung der Beiträge verbindet der Autor mit Vorschlägen für die künftige Forschung zu globalisierten Kindheiten und zur internationalen Kinderrechtspraxis.
Essays
Klaus Vieweg
Das Ende des Kapitalismus und seine Zukunft – Wohin nach Corona? (S. 95-100)
Die heute dominante, markfundamentalistische (›neoliberale‹) Version des Kapitalismus, dies zeigen die großen Krisen, hat sich als ›Schrottsystem‹ (J. Stiglitz) erwiesen. Dagegen steht, worauf Klaus Vieweg hinweist, was er aufnimmt und wie bereits in seiner Hegel-Biographie (s.o) betont, Hegels Plädoyer für eine andere Variante des Kapitalismus, einer modernen Gesellschaft, gestaltet nach den Prinzipien Freiheit und Gerechtigkeit, naturaler und sozialer Nachhaltigkeit.
Cara Röhner
Das Soziale als das Andere. Sozioökonomische Ungleichheit im Verfassungsrecht (S. 101-112)
In welche Schwierigkeiten die Perspektive Viewegs im Rahmen praktischer Politik führt, zeigt der grundlegende Text von Cara Rohner, denn – so die Ausgangsthese – die Ungleichheitsachse Klasse wird im Verfassungsrecht der Bundesrepublik überwiegend dethematisiert. Konträr zu den liberalen Freiheitsrechten wurden aus den sozialen Verfassungsnormen bisher kaum verbindliche Vorgaben für die demokratische Gesetzgeberin hergeleitet. Das Soziale erscheint im Verfassungsdiskurs als das Andere. Die stattfindende Rationalisierung dieser sozialen Leerstelle wird dargestellt und als etwas historisch Kontingentes, als Ausdruck einer spezifischen Verfassungspraxis – am Beispiel des Grundrechts auf ein menschenwürdiges Existenzminimum und der Erbschaftsteuer – gedeutet und anhand der Abendroth-Forsthoff-Kontroverse als Manifestation einer freiheitlichen Sozialstaatlichkeit historisiert.
Einzelbesprechungen
Joachim Weber
Die unregierbare Gesellschaft. Eine Genealogie des autoritären Liberalismus (Grégoire Chamayou) (S. 113-115)
Thassilo Polcik
Demokratie und Bildung (Micha Brumlik) (S. 116-119)
Micha Brumlik
Habermas global. Wirkungsgeschichte seines Werks (Luca Corchia, Stefan Müller-Dohm, William Outhwaite)
Alles unter dem Himmel. Vergangenheit und Zukunft der Weltordnung (ZHAO Tingyang) (S. 119-121)
Michael Görtler
»Ich hab’ keine Zeit!«. Zeitknappheit, Zeitkonflikte und Zeitwohlstand (Ludwig Heuwinkel) (S. 121-122)
Gerd Koch
Forumtheater, szenisches Forschen und Soziale Arbeit. Diskurse – Verfahren – Fallstudien (Michael Wrentschur) (S. 123-124)
Carsten Schröder
Das Kindertagespflegewesen. Einsatzort für Kinderpfleger*innen? (Stephanie Spanu) (S. 124-127)
Gerhard Döring
Gelbe Schmetterlinge und die Herren Diktatoren. Lateinamerika erzählt seine Geschichte (Michi Strausfeld) (S. 128-130)
Autor*innen (S. 131)
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